Wie ein Teeniefilm

— feeling baby
The Duff (Designated Ugly Fat Friend) - Kody Keplinger

Im Mai 2017 erhielt ich über die Motto-Challenge eine Leseaufgabe, die für mich eine echte Herausforderung darstellte: ich sollte Liebesgeschichten lesen. Da ich Chic-Lit nicht mag, war ich erst mal ratlos. Enthielt mein Bücherregal überhaupt Bücher, die ich mir anrechnen durfte? Eine Recherche ergab, dass die Auswahl unerwartet groß ist, zumindest, wenn wir Liebesgeschichten nicht mit Liebesromanen gleichsetzen. „The DUFF“ von Kody Keplinger lag ziemlich genau ein Jahr auf meinem SuB. Die Challenge hat unter anderem den SuB-Abbau zum Ziel, also entschied ich, dass dieser Young Adult – Roman ein guter Einstieg in das neue Monatsmotto wäre.

 

DUFF. Designated Ugly Fat Friend. Diese unverschämte Beleidigung ließ Bianca Piper durchdrehen. Ihr war bewusst, dass sie ihren besten Freundinnen bezüglich ihres Aussehens nicht das Wasser reichen kann. Es war in Ordnung für sie, die Clevere zu sein, die gute Noten bekommt und auf ein unerschöpfliches Repertoire sarkastischer Bemerkungen zurückgreifen kann. Doch dass ausgerechnet Wesley Rush, der notorische Weiberheld der Schule, behauptete, sie sei in ihrer Clique das Mädchen, das die anderen besser aussehen lasse, weil sie selbst als dickes, hässliches Entlein durchginge, schlug dem Fass den Boden aus. Ihre Synapsen hatten einen Kurzschluss. Sie muss vorübergehend unzurechnungsfähig gewesen sein, denn sonst hätte sie sich niemals auf diese seltsame „Feindschaft mit Zusatzleistungen“ mit Wesley eingelassen. Nun ist es zu spät für Vernunft. Plötzlich sind Gefühle im Spiel, die weder Bianca noch Wesley erwarteten. Kann aus tiefer Abneigung tatsächlich Liebe werden?

 

Überraschung, Überraschung – ich bin zu alt für dieses Buch. „The DUFF“ ist das literarische Äquivalent eines Teeniefilms aus den 90er oder 2000er Jahren. Als dieses Genre populär war, liebte ich diese Filme. Irgendwann ebbte der Hype um cineastische Teenager-Romanzen ab und ich wuchs aus den stereotypen Geschichten heraus. „The DUFF“ katapultierte mich in die Welt des High-School-Lebens amerikanischer Jugendlicher zurück, in diesen verbissenen Krieg um Popularität. Ein Krieg, den Bianca Piper bewusst zu boykottieren glaubte, bis ihr Wesley Rush mit der Sensibilität einer Müllpresse vor Augen führt, dass sie sich dem Kampf um Anerkennung gar nicht entziehen kann. „DUFF“ ist eine außerordentlich widerwärtige Beleidigung, weil sie meiner Meinung nach eine Menge Wahrheit enthält. Junge Frauen vergleichen sich bewiesenermaßen mehr als alle anderen Bevölkerungsgruppen. Während der Teenagerzeit ist der gesellschaftliche Druck, wie alle anderen auszusehen und ein willkürlich formuliertes Ideal zu erfüllen, besonders groß. Mädels, ihr wisst, wovon ich spreche – ihr habt es selbst erlebt. Die Unsicherheit, die Selbstzweifel, die Fragen, warum die Oberweite nicht größer, die Hüften nicht schmaler und die Oberschenkel nicht straffer sein können. Die Angst, ungenügend zu sein, während man nervös auf die Freundinnen schielt, ist ein stetiger Begleiter. Bianca jedoch wähnte sich erhaben. Sie glaubte, über dem Konkurrenzgerangel junger Mädchen zu stehen. Sie hielt sich für klüger, weniger naiv. Erst Wesleys Beleidigung zeigt ihr, dass sie genauso oberflächlich und von der Meinung anderer beeinflussbar ist, wie die Mädchen, die sie bisher immer belächelte. Ich hatte Schwierigkeiten mit Bianca, weil ich sie arrogant und heuchlerisch fand. Sie ist unheimlich stolz darauf, intelligent genug zu sein, um sich mit einer ständigen Aura aus Sarkasmus und Zynismus umgeben zu können, aber ich empfand sie die meiste Zeit als verletzend und anstrengend. Es dauert ewig, bis sie begreift, dass sie keineswegs besser ist als ihre Mitschüler_innen und ihre spätere Einsicht, dass sich jeder junge Mensch mit einem Label identifiziert, erschien mir nicht so weltbewegend, dass es das Warten wert gewesen wäre. Für mich entwickelt sich „The DUFF“ zu langsam, weil die Geschichte äußerst vorhersehbar ist. Ich war ungeduldig und wollte Bianca schütteln, damit sie endlich die Augen öffnet und erkennt, was für mich vollkommen offensichtlich war – einschließlich ihrer Gefühle für Wesley. Ihre Beziehung erfüllt zahllose Klischees, es gefiel mir allerdings, dass Kody Keplinger an ihrem Beispiel einen ehrlichen Blick auf das Liebes- und Sexualleben von Teenagern wirft. Sie idealisiert und beschönigt nichts. Die Zeiten, in denen Jugendliche von Bienchen und Blümchen keinen blassen Schimmer hatten, sind lange vorbei. Jugendliche haben Sex und verhalten sich dabei nicht immer verantwortungsbewusst. Das ist Fakt, es gibt keinen Grund, diesen zu vertuschen. Ich bin froh, dass Keplinger die Realität darstellt, statt überholte Euphemismen.

 

„The DUFF“ ist wieder einmal eine nette Lektüre für Zwischendurch, die mir wohl weit mehr gebracht hätte, hätte ich sie als Teenager gelesen. Ich bin nun mal keine 17 mehr und habe meine jugendlichen Selbstzweifel Großteils überwunden. Mit 27 muss mir niemand mehr vorbeten, dass jeder Mensch hin und wieder mit dem eigenen Aussehen hadert. Ich weiß, dass Schubladendenken niemandem gerecht wird und sich eine Persönlichkeit nicht durch ein Label wie DUFF erfassen lässt. Daher ist dieser Roman für mich mittlerweile zu offensichtlich; er enthält Wahrheiten, die ich mir bereits selbst erarbeitete. Nichtsdestotrotz ist das Buch nicht schlecht und ich finde es beeindruckend, dass Kody Keplinger es schrieb, als sie selbst erst 17 Jahre alt war. Ich bereue die Lektüre nicht und war dankbar, dass ich währenddessen kaum nachdenken musste.
Meiner Meinung nach ist „The DUFF“ ein klassischer Fall von „Kann man, muss man aber nicht“, wenn man die wilden Teenagerjahre bereits hinter sich hat. Habt ihr jüngere Geschwister im richtigen Alter? Cousinen oder Cousins? Dann solltet ihr vielleicht in Betracht ziehen, ihnen eine Ausgabe des Buches zu schenken, statt es selbst zu lesen. Sie haben vermutlich mehr davon.

Quelle: http://wortmagieblog.wordpress.com/2017/06/08/kody-keplinger-the-duff